Lesedauer 4 Minuten

Wie ich vor ein paar Tagen in diesem Blog schon angekündigt habe, konnte man heute den Baden-Württembergischen Landtag von innen besichtigen. Das wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Also sind wir als Minigruppe pünktlich gegen 11:00 Uhr zum Tag der offenen Tür im Landtag Baden-Württemberg einmarschiert.

Am Eingang jede Menge Sicherheitspersonal in Form von Polizisten und Aufpassern von irgendeiner für dieses Event engagierten Security-Firma. Wir schreiten ins Foyer, wo ein paar Spezialitäten-Hersteller ihre ess- und trinkbaren Produkte aus der Region promoten. Wenn man die Runde gegen den Uhrzeigersinn gemacht hat, dann fing man erstmal mit einem gehaltvollen Obstbrand an – wahlweise Kirsch, Birne, Apfel oder Zwetschge – um als nächstes Landjäger und ähnlich gestrickte Dauerwürste aus dem Schwarzwald zu verkosten. Danach gabs ein Becherchen Joghurt mit Konfitüre, der dann mit Laugengebäck im nächsten Gang verfeinert wurde, welches letztendlich dann noch mit einem Glas Bier aus der Klosterbrauerei runtergespült werden konnte. Das war dann erstmal ein umfassender Vorgeschmack auf Baden-Württemberg.

Einigermaßen gesättigt stiegen wir über die flachstufigen Treppen gleich hoch in die 2. Etage, um zunächst mal einen Überblick über die schöne Aussicht aus dem Landtagsgebäude zu bekommen. Ich muss schon sagen, die Herren  und Damen Abgeordneten, die hier über die großzügigen Gänge flanieren dürfen, haben wirklich eine wunderschöne Aussicht. Da macht das Arbeiten doch dann auch richtig Spaß.

 Auch konnte man hier gleich mittels der ausgehängten Plakate einen Kurzlehrgang in Stenographie machen und erfuhr nebenbei, dass trotz modernster Aufzeichnungnungsmethoden bis heute die Sitzungen mitstenografiert werden.

In der 2. Etage gibt es auch einen Zugang zur Empore des Plenarsaals, der in der Mitte des Gebäudes gelegen ist und durch die rundherum verglaste Front nicht eingesehen werden kann. Wäre ja nochmal schöner, wenn jeder von außen beobachten könnte, wie im Plenarsaal rumdiskutiert wird. Also erstmal einen Rundgang auf der Empore gemacht, da, wo normalerweise die Pressevertreter sitzen. Ich muss schon sagen, wenn man da in diesen holzvertäfelten Saal reinkommt, dann fühlt man sich auf einmal wie ein Körnchen Reis in einem „Lammcurry Bombay“. Alles currygelb. Hübsch. Sogar die mit Leder bezogenen Sitze auf der Empore sind currygelb. Auch die Notsitze, die man aus den Wänden herausklappen kann: currygelb. Wer’s nicht glaubt, soll selbst in ein paar Jahren zum nächsten Tag der offenen Tür gehen. Oder sich dieses Foto anschauen. Nein, ich habe nicht mit einem Gelbfilter fotografiert und habe auch nicht nachträglich in einem Bildbearbeitungsprogramm die Farben manipuliert. Das ist Natur.

Wer also hier drin sitzt, muss nicht unbedingt einen durch gestörten Leberstoffwechsel hervorgerufenen Ikterus haben, es könnte auch einfach die Farbreflexion der currygelben Innenausstattung sein. Deswegen sollte man hier auf gar keinen Fall leuchtend blaue Hemden tragen, das könnte zu einer frischen Grünfärbung auf den Wangen führen. Oh Shrek lass nach!

Die Tischlein für die Abgeordneten erinnern stark an Schulbänke. Vorne der Lehrerpult wird vom Landtagspräsidenten besetzt, flankiert von Schriftführer und Schriftführerin, ein Platz ist für den Herrn Ministerpräsidenten reserviert und ein anderer für den Graf von Steno. Insgesamt wirkt alles ein bißchen klein, ein bißchen bieder, ein bißchen schwäbisch. Aber man arbeitet ja auf das Ziel hin, irgendwann mal ein neues Landtagsgebäude mit einem neuen Plenarsaal beziehen zu dürfen.

Im Foyer des ersten Stockes war eine kleine Bühne aufgebaut, wo das Publikum abwechselnd mit gefälligen kleinen Interviews mit MdLs unterhalten und zwischendurch mit Musikprogrammen wieder eingelullt wurde. Zwischen „Schuld war nur der Bossa-Nova“ und einem von einem MdL vorgetragenen Volkslied konnte man sich an den Tischen der Fraktionen mit kiloweise bedrucktem Papier eindecken, Kugelschreiber, Gummibärchen oder sonstigen unnötigen Kram mitnehmen.

Irgendwann verirrten wir uns in ein gelbes Zimmer, das muss von der FDP gewesen sein, das sind doch die Gelben, oder?

Hier konnte man an einem heiteren Ratespiel mitmachen und zu den mit einem Programm wie photofunia bearbeiteten Bildchen verschiedener Politiker die passend beschrifteten Papierstreifen bezüglich Name und Funktion hinzufügen. Das war sehr aufschlussreich zu erfahren, womit sich beispielsweise die Gelben so den ganzen Tag beschäftigen. Ok, ich gebe zu, basteln am PC macht ja auch Spaß. Das Foto von dem Ratespiel ist leider nichts geworden, dafür aber von anderen lustigen Bildchen, deren Erstellung sicherlich auch viel Freude bereitet hat!

Sehr interessant fand ich auch das Zimmer des Landtagspräsidenten. Freunde von Vintage-Möbeln hätten ihre helle Freude daran! Ein Herr neben mir sagte noch so mitfühlend zu seiner Begleitung, wenigstens habe der Landtagspräsident eine schöne Aussicht – ich nehme an, er meinte die aus dem Fenster und nicht die auf eine stattliche Pension. Die Einrichtung des Präsidentenzimmers müsste weitgehend noch original sein, leider sieht man auf diesem Foto nicht den hübschen Fahnenstrauß der rechts hinter dem Präsidentendrehstuhl steht. Der sieht aus wie aus amerikanischen Hollywoodstreifen, in denen es auch um Präsidenten geht, nur eben ein bißchen kleiner. Dieses Dekorationsstück wertet aber die original 60er-Jahre Schreinereinbauten ungemein auf. Auch hier dominiert wieder ein stark gelbstichiges Holz, zu dem ein Kontrast mit den stark braunstichigen Ledersesseln hergestellt wird. Das Rosenarrengement im Vordergrund wertet natürlich die ganze Sache ungemein auf.

Mein letzter Eindruck vom Landtag von Baden-Württemberg waren dann die Bilder, die an der Außendwand des Plenarsaals aufgehängt waren. Nein, es waren keine von Hajek oder Wachter oder anderen in der Kunstsammlung des Landtags vertretenen Künstler. Es waren Bilder von Schülern, die vermutlich eigens für den Tag der offenen Tür aufgehängt wurden. Bei mir hinterließen sie so den Eindruck, als wolle man heute, an einem Tag, an dem das Volk durch das Gebäude stiefeln darf, schon einen kleinen Vorgeschmack auf das geben, was dem Volke blühen wird…

Noch mehr Infos gibt’s beim Internetauftritt vom Landtag von Baden-Württemberg.

HINTERLASSE EINE ANTWORT

Bitte trage deinen Kommentar ein!
Bitte trage deinen Namen hier ein